Herausforderung Tierschutzhund: Ich bin Lena, 30 Jahre alt, hauptberuflich Kauffrau im Gesundheitswesen, aber nebenberuflich in der Ausbildung zur Tierpsychologin. Mein Piccolo ist ein Tierschutzhund aus Griechenland und manchmal eine echte Herausforderung – aber ich liebe ihn total. Vielleicht gerade, weil wir zusammen so viel lernen (müssen)? In dieser Artikelreihe bei Leckermeister möchte ich euch mitnehmen auf unseren Weg – von meiner Entscheidung für einen Tierschutzhund über Einreise, Kennenlernen bis zu unserem nicht ganz einfachen Alltag.
In diesem Artikel erzähle ich euch von den ersten Tagen nach Piccolos Anreise - 2300 Kilometer im Transporter aus einer Notfellstation in Griechenland hatte er hinter sich. Also durfte er erst mal ganz in Ruhe zuhause bei mir ankommen. Er hat sich auch direkt in seinen Korb gelegt, und alles was ich machte, kritisch beobachtet. Die erste halbe Stunde habe ich mich einfach so neben ihn gesetzt, danach hat er dann sein Essen bekommen, aus meiner Hand. Er hat es sehr vorsichtig aus meiner Hand genommen. Ich saß den ganzen Abend neben ihm auf dem Boden, damit er sich an mich gewöhnt.
Bevor es zu Bett ging, wollte ich nochmal mit ihm raus, um Gassi zu gehen. Aber Piccolo wollte nicht aufstehen und ich ihn nicht zwingen. Also ging es ab ins Bett, Piccolo und seinen Korb habe ich mitgenommen ins Schlafzimmer. Am nächsten Morgen wollte ich wieder mit ihm raus - er muss doch langsam mal müssen müssen? Aber keine Chance, Piccolo wollte einfach nicht raus. Was blieb mir übrig? Ich habe ihn vorsichtig aus seinem Korb gehoben und ihn zwei Stockwerke runter getragen. Dies habe ich 4 Wochen machen müssen - immer wieder runter getragen, hoch ging er dann von alleine! Fun Fact: Auch heute muss ich Piccolo noch aus seinem Korb, vom Bett oder von der Couch heben, wenn ich raus möchte. Aufstehen von alleine? Nööööö und nein, auch nicht mit den richtig guten Leckerchen.
Piccolo und ich machten uns also auf dem Weg zu meiner Mama (im Auto, da stieg er problemlos rein), er musste ja auch noch gebadet werden. Dort sind wir dann auch eine kleine Runde gegangen. Piccolo wollte aber nur Pipi machen und drehte direkt wieder um. Wenn ich weiter laufen wollte, schmiss er sich auf den Boden und ging keinen Zentimeter mehr. Also gab ich nach, drehte um, ab ins Badezimmer. Na, das könnte ja was werden - Baden! Das fand er aber gar nicht so schlimm, er stand einfach nur da und guckte mich mit seinen großen Kulleraugen an - ob er meinte, ich würde dann aufgeben? Es nutzte aber leider nichts - er hat ziemlich nach Urin gerochen, erst durch den Transport, dann durch den Stunt in meinem Auto. Das Baden lief aber ohne Theater ab, danach ging es flott wieder nach Hause.
So habe ich meinen Hund in den ersten Wochen am häufigsten gesehen: Im Körbchen. Bloß nicht raus!
Bei mir zuhause legte sich Piccolo direkt in seinen Korb und ich habe ihn noch zugedeckt. Ich habe wirklich versucht, unfassbar viel Zeit bei und neben ihm zu verbringen. Somit war für mich 1 Woche Bett oder Couch liegen angesagt. Das hat sich nach zwei Tagen auch ausgezahlt: Ich habe abends immer Piccolos Körbchen ein Stück näher an mein Bett gezogen. Montag Nacht hatte er sich wohl verschluckt und hustete - ich bin natürlich sofort aufgesprungen, habe mich neben ihn gesetzt und ihn beruhigt. Am nächsten Morgen leckte Piccolo dann meine Hand ab und wollte zum ersten Mal von sich aus gestreichelt werden. Zuckersüß!
Ein Hund, der nicht spazieren gehen möchte
Ansonsten aber waren die ersten Tage alles andere als Zucker, ich habe in den ersten Tagen und Wochen auch sehr viel geweint. Ich wusste einfach manchmal nicht weiter, aber aufgeben? Nein... Das Problem war: Piccolo wollte nie Gassi gehen, immer nur kurz Pipi und eventuell groß, umdrehen, ab nach Hause. Ich habe so viel versucht, ich habe ihn getragen, gezogen, gelockt... Es hat nichts genutzt. In meiner Straße, in der Straße meiner Mama, bei meinem Papa: Kurz Geschäft erledigen, danach schmiss er sich auf den Boden und ging keinen Zentimeter mehr. Irgendwohin laufen? Fehlanzeige, nicht möglich. Ich habe manchmal an der Straße gestanden und geweint und musst dann doch wieder umkehren... Ich habe täglich mit der Organisation telefoniert und sie gaben mir Tipps für Angsthunde: Nicht zwingen, dann halt nur so weit gehen, wie er möchte. Tscha, das habe ich dann getan, beziehungsweise:
Ich bin eineinhalb Jahre lang mit Piccolo jeden Morgen zum Wald gefahren, das war für uns beide stressfreier. Sobald die Straße nicht in der Nähe war, ist er ganz normal gegangen. Auch wenn andere Hunde dabei waren, waren Gassi und Spazierengehen übrigens kein Thema: Ich habe mich manchmal mit meiner Tante und ihrem Hund getroffen. Da lief Piccolo, als hätte er nie was anderes gemacht - über eine Autobahnbrücke, an einem Presslufthammer vorbei, an Pferden. Kein Thema, aber meine Straße? No go! Ich verstehe es auch bis heute noch nicht...
In der nächsten Folge erzähle ich euch mehr von Piccolos Eingewöhnungszeit bei mir.
Diese Folgen „Herausforderung Tierschutzhund“ sind bereits erschienen:
- Wieso ich einen Tierschutzhund aus dem Ausland adoptieren möchte
- Wie man eine seriöse Vermittlung für Tierschutzhunde aus dem Ausland erkennt
- Wie ich meinen Piccolo im Internet entdeckte
- Wie der Hundetransport nach Deutschland ablief
- Wie die Übergabe ablief und wie ich Piccolo das erste Mal sah